Die Hecke
Nicht Wald, nicht Feld - aber von beiden etwas und noch viel mehr: Die Hecke hat zu Recht den Ruf, eine Lebensader zu sein.

Besonders im Frühjahr zeigen sich die Hecken von ihrer schönsten Seite. Da sieht man die weißen Blüten der Schlehe, die gelben Kätzchen der Salweide und das zarte Grün der Hainbuche. Aber auch ein Stockwerk tiefer bekennen Buschwindröschen, Scharbockskraut und Leberblümchen Farbe und zeigen, wie vielfältig und artenreich Hecken sein können. Und während im ersten Stock der Neuntöter mit dem Nestbau beginnt, sind im Parterre die Ameisen unterwegs, um Nahrung zu sammeln, hat der Feldhase Deckung gesucht und die Wildbienen lassen sich den Nektar der ersten Blüten nicht entgehen.


Aber reine Natur sind die Hecken nicht. Der Mensch hat sie angelegt und die von Biologen und Naturschützern so geschätzte Artenvielfalt ist eigentlich ein Nebenprodukt.


Das Entstehen der Kulturform Hecke kann etwa auf das 12. Jahrhundert terminiert werden. Englands Bauern steckten zur Abgrenzung ihrer Flächen abgeschnittene Äste in den Boden und verflochten diese. Als dann die Natur diese provisorischen Zäune mit durchwachsenden Sträuchern undurchdringlich machte, war die Hecke geboren. Und mit der Zeit nutzte der Mensch dieses neu gewonnene Kulturgut auf immer vielfältigere Art und Weise:

- da bereicherten Beeren und Früchte die Tafel der Bauern
- lieferten Bäume und Sträucher Brennholz und
- wurden heilwirksame Eigenschaften mancher Kräuter entdeckt.

Die Hecke wurde zu einem wichtigen Bestandteil der genutzten Landschaft.


Die "Michel-Gedächnis-Hecke" im Bizzenbachtal

Und was dem Menschen recht war, war der Tier- und Pflanzenwelt billig. So gehen Schätzungen davon aus, daß etwa 7000 verschiedene Arten die Heckensysteme als (Teil?)-Lebensräume nutzen. Acht der zwölf heimischen Reptilien, 50 % der heimischen Säugetiere und eine Vielfalt von Wirbellosen sind in der Hecke zuhause. Dabei spielt der spezielle Aufbau der Hecke eine große Rolle. Die enge Verzahnung von Hochstaudensaum, dichten Sträuchern, überstehenden Bäumen, von Lesesteinhaufen und verrottetem Holz, von Windschutz, Sonnenbestrahlung und Schatten lockt viele Arten in die Hecke.

Echte Heckenspezialisten wie Neuntöter oder Schlehe zeigen einprägsam das Zusammenspiel in diesem Lebensraum. Das Nest des Neuntöters ist im Geflecht der dornigen Äste von Weißdorn und Schlehe bestens versteckt. Mit ihren spitzen Dornen erlauben sie ihm das Anlegen des für ihn so typischen Nahrungsdepots aus aufgespießten Kleinsäugern und Insekten. Freistehende Äste dienen ihm als Ansitzwarten, von denen aus er im direkten Umfeld der Hecke auf die Jagd gehen kann. Die Schlehe, ein bis zu vier Meter hoher Strauch mit dunklem Holz und weißen fünfstrahligen Blüten, ist nicht nur für den Neuntöter ein wichtiger Bestandteil seines Lebensraumes. Während sie mit ihren Blüten einigen hochspezialisierten Schmetterlingsraupen wie denen des Schlehenhecken-Grünspanners oder auch des farbenprächtigen Segelfalters Nahrung bietet, werden ihre schwarzblauen Früchte im Winter gerne von Vögeln gefressen. Nur dort, wo konkurrenzstarke Bäume zurückgedrängt werden, wie z.B. beim Heckenschnitt, kann die Schlehe dauerhaft existieren.

Im Zuge der Rationalisierung der Landwirtschaft waren diese Lebensadern der Landschaft plötzlich im Wege. Flurbereinigung hieß das Zauberwort. Flächen wurden zusammengelegt, Wirtschaftswege gebaut, Meliorationsmaßnahmen durchgeführt und die maschinelle Bewirtschaftung störende Landschaftselemente beseitigt. Das bedeutet vielerorts das Aus für die Hecken. Die Wirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt spiegeln sich in der Roten Liste wider, wo Segelfalter und Neuntöter, Waldeidechse und Wildbienen sich ein Stelldichein geben. Aber die Verluste werden jetzt auch den Landwirten und großen Teilen der Bevölkerung bewußt. Beklagen die einen Winderrosion, mangelnde natürliche Regulationsmechanismen gegen Blattläuse und andere Schaderreger oder das schnelle Austrocknen ihrer Bestände - alles Vorgänge, die direkt mit dem Verschwinden der Hecken zu tun haben - so lassen die monotonen Agrarwüsten den anderen die Lust an der Erholung in der Landschaft vergehen.

Der NABU hat nicht nur den politischen Kampf für mehr Natur in der Agrarlandschaft und eine umweltgerechte Umgestaltung der landwirtschaftlichen Produktion aufgenommen, sondern vor Ort aktiv Heckenschutz betrieben, Heckenpflanzungen angelegt und alte Bestände gepflegt. So sollen die Lebensadern in der Landschaft neu geschaffen und verknüpft werden, damit das Leben auch zukünftig artenreich und vielgestaltig durch Feld und Flur pulsieren kann.


Tipps zur Heckenpflege


Eine Benjeshecke

Eine "auf Stock" gesetzte Hecke sieht direkt nach dem Zurückschneiden so aus, als käme hier kein Grün mehr.

  • Windschutzhecken quer zur Hauptwindrichtung anlegen.
  • Benjeshecken nur mit lockerem Schnittgut anlegen, keine kompakten Massen aufschichten!
  • Heckenrückschnitt alle 5 bis 10 Jahre in kleinen Teilabschnitten im Winter (Sollalter der Hecken 10 bis 20 Jahre), Überhälter stehen lassen.
  • Doppelhecken an Wegen seitenversetzt auf Lücke schneiden, damit keine Düsenwirkung entsteht.
  • Hecke am Boden dicht werden lassen, oben zu 2/3 geschlossen (Grundsatz: "Unten dicht, oben licht")
  • Weißdorn teilweise in 1 m Höhe waagerecht schneiden; es entstehen so Quirle als gute Vogelnestunterlage.
  • Heckenschnitt zwischen dem 15. März und 31. August verboten.
  • Reisig entfernen; sein Verbleib in der Hecke erschwert die Heckenverjüngung; Starkholz ist Brennholz.
  • Freier Viehzutritt führt zu Jungholzverbiss und allmählicher Heckenauflösung.
  • Nicht bis hart an die Hecke pflügen; dies vernichtet die wichtigen Säume und verursacht schwere Wurzelschäden.
  • Teerdecken neben Hecken schwächen diese und mindern den ökologischen Wert deutlich.


Eine Informationstafel zum Thema "Hecke" auf dem NABU-Schutzgebiet "Binsenwiesen" im Bizzenbachtal.